Scharbockskraut


Vor der Blüte

Ich hab mir für das heurige Gartenjahr vorgenommen, über das obligate Sauerkraut hinaus noch so manches Wildkraut zu fermentieren. Mit dem Scharbockskraut beginne ich. In der Folge kann ich aus dem Vollen schöpfen: die Vogelmiere, der Bärlauch, Löwenzahnblätter, Giersch und Gundelrebe. Brennnessel. Manches davon verschwindet nach ein paar Wochen mehr oder weniger, verdrängt von den Sommerkräutern, Sommerpflanzen, Herbstüberraschungen,… usw.usw.usw. Ein ständiges Kommen und Gehen, Wechseln und Wandeln.

Wenn das mit dem Wechsel jetzt so ist, kann ich meine langjährige widersprüchliche Einstellung zum Frausein getrost weiterentwickeln. Wirklich gern Frau war ich die drei Sekunden nach der Geburt unserer Kinder. Zwei Kinder machen also sechs Sekunden. Dazu kommen noch einige Momente des Sich-Einsfühlens während der Schwangerschaft, dieses sichere Gefühl, nicht einsam zu sein, das hab ich davor und danach nie wieder in dieser Intensität erlebt. Sonst fällt mir nichts ein, wo es besser wäre, das Leben in einem Frauenkörper zu genießen. Erfüllenden Sex zähle ich nicht dazu, der ist ja wohl auch für einen Mann bisweilen sehr schön und ereignisreich…

Inspirieren lass ich mich von Fragen wie:
Wird der Wegfall der Östrogene, die Bezogenheit auf andere schwächen und mich freier machen ?
Werde ich bald keine Stimmungsschwankungen mehr haben, sondern nur noch eine Stimmung, jene der Wut?
Werde ich mich noch weniger denn je anpassen lassen an diese Welt, die immer deutlicher zur Verzweiflung treibt?
Werde ich mich von einer ab und zu doch recht angenehmen Frau in eine spitzzüngige Karikatur meiner selbst verwandeln?

In meiner Werkstatt entsteht zur Zeit nichts Neues.
Ich höre Radio.

„Es gabat a griffiges Mehl zum Nochtmohl
Des is tragisch, oba es is glogn“, 
 singen die  Strottern

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