18.7.2019

Lieber Linhart!

Mein Mann ist sehr großherzig. Und stur.

Und mein Wohlergehen begründet sich im Augenblick, in der Aneinanderreihung unauswechselbarer Augenblicke. Er begründet sich darin, ihm meine volle Aufmerksamkeit zu schenken. Ich hab Urlaub und Zeit und den Luxus uneingeschränkter Gedankenfreiheit. So selbstverständlich das klingen mag, auch ich lass mich vom Alltag manchmal dazu verleiten, fernab meiner Möglichkeiten zu leben. Eine Fadosängerin ist an mir allerdings nicht verloren gegangen. Derart viel Schwermut und Sehnsucht erlebe ich höchstens im Anblick eines tiefen Abgrundes von einem hohen Berg herab. Oder jetzt, wenn die Sonne untergeht über dem Atlantik. Also an Örtlichkeiten, die ich selten aufsuchen. (Schade?!)

Linhart, Sie zeigen leichte Tendenzen, sich zu verstecken in einer leuchtenden Stadt. Fernando Pessoa tat das auch: „Kein Blumenstrauß hat für mich je die farbige Vielfalt Lissabons im Sonnenlicht.“ Angeblich verreiste dieser schillernde Dichter nie, sondern konzentrierte sich auf seine Abenteuer im Kopf; „…von Bahnhof zu Bahnhof im Zug seines Kopfes.“

Was leuchtet in Ihnen, Sie Meister des Rückzuges?

Stets die Ihre!

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