Lassach 8
Heuer im Winter liegt eine zwei Meter dicke Schneedecke über dem ehemaligen Blumengarten meiner Großmutter. Ich bin mit den Schneeschuhen unterwegs. Unter mir liegen Erinnerungen, Vermutungen: In der Mitte des Gartens versteckte sich der Brunnen, gesäumt von moosigen Steinen. Ein Frosch lebte drinnen. Der verwunschene Prinz. Phlox, Schleierkraut und Astern; Geranienstöcke und Duftgeranien, Herzl-Staude, Schwertlilien.
An den Rändern franste er aus. Hinein in den dahinter aufragenden Wald (spendete der nicht zu viel Schatten, frag ich mich heute?), davor lag der Anger, in dem sich große Steinblöcke befanden. Die liegen heute noch da.
Vom Blumengarten allerdings ist heute so gut wie nichts mehr zu sehen. Auch im Sommer nicht. Irgendjemand wurde dem Drama der Natur nicht mehr gerecht, weil es sich über so viele Jahrzehnte hinweg zieht und nur über lange Sicht richtig einzuschätzen ist.
Meine Erinnerungsfalle beim Reüssieren besteht darin, diesen Ort zu verklären, ihm eine romantisch-symbolische Bedeutung einzupflanzen. Ich muss an meine angelegten Eizellen im Bauch meiner Großmutter denken.
In meiner Werkstatt entstehen zurzeit Objekte, die an Embryos erinnern. Sie sind erst einmal gebrannt. In Folge werde ich sie dem Rauch aussetzten und anschließend mit Bienenwachs einbalsamieren.
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