24. November 2018

Linhart, ich bin erleichtert, dass Sie wieder Fragen haben. Ihr Verstummen hat mich verunsichert…

Spinnen
Louise Bourgeois hat eine riesige Spinnenskulptur geschaffen und sie „Maman“ genannt. Man sagt der Künstlerin nach, dass sie Spinnen liebte.

Im Haus, in dem ich wohne, gehören Spinnen zu den vertrautesten Mitbewohnerinnen. Ich würde keine von ihnen töten. (Bei Ameisen bin ich da leider nicht so zimperlich.)

Es sind keine Papiertaschentücher zu finden. Ich greif auf meinen Stofftaschentuchvorrat zurück. Jenes, das zuoberst liegt, ich entfalte es und sehe ein gestopftes Loch. Netzartig und feinst gewoben mit Zwirn. Ich bin zu Tränen gerührt.

Unabhängig davon, ob Sie glauben zu spinnen oder nicht, meine Liebe ist etwas für Spinner, warum denn nicht?!

Zahnarzt.
Würde es eine vorangehende Gesichtsmassage erleichtern, den Mund ganz entspannt zu öffnen für meinen heiß gehassten Zahnarzt? Dabei macht er seine Sache ausgesprochen professionell und handwerklich perfekt. Ich finde es jedes Mal unverschämt übergriffig, mit welcher Selbstverständlichkeit in einem meiner intimsten Körperinnenräume herumhantiert wird. Da rede ich noch gar nicht vom Schmerz oder von der Angst vor dem Schmerz oder von der Qual, nicht schlucken zu können, nicht spucken zu dürfen, nicht davonlaufen zu können, …
Nach jeder Behandlung ist die Erleichterung darüber, es überstanden zu haben, dermaßen groß, dass ich dem Arzt voller Dankbarkeit einen warmen Händedruck schenke, quasi die Aufforderung für die nächste Begegnung im Behandlungszimmer: „Bitte, quäl mich!“

Tod
Wenigstens einen Menschen wünsche ich Ihnen, dem Sie sich vorbehaltlos anvertrauen. Das Gleiche gilt für mich. Dann ist Vieles gut.

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