Wir haben in unserer vernetzten Welt gar keine Vorstellung mehr davon, was Abgeschiedenheit bedeutet. Und nur mehr selten hat heute noch jemand Falten eines Draußenmenschen! Eine davon war meine Tante Liesl und die hat sich seit ein paar Tagen auch zurückgezogen von diesem Erdenrund. Sie war in ihren gesunden Jahren eine Frau der Landwirtschaft und eine Frau der Vorratshaltung.
Leider tendiere ich dazu zu denken, mir die Zeit stehlen zu müssen, um dieser Sinnhaftigkeit nachzukommen. Dabei bedarf es gar keiner vernünftigen Erklärung: es fühlt sich ganzheitlich gut und richtig an, das selbst eingeschnittene Sauerkraut aus dem Gärtopf aus dem Vorratskeller zu holen.
In meiner Werkstatt entstehen dieser Tage Teller und Schüsseln für Familienmitglieder. Familie ist ein sehr komplexer, komplizierter Kosmos. Wenn man großes Glück hat, ist sie ein vertrauter Ort, an dem man sich öffnen kann, an dem man einander Intimstes anvertraut, vor allem das Scheitern, manchmal sogar, ohne dabei zu sprechen:
sich um einen Tisch, ein Feuer, scharen und den Sternenhimmel darüber ausspannen, die magischen Momente des vergangenen Jahres vorüberziehen lassen, Tränen aus den Augen wischen, Falsches sagen, ohne gescholten zu werden, Richtiges sagen und sich an den raren Gewissheiten wärmen, Artischocken essen, Schweinsbraten mit Sauerkraut essen und Schockolade, Wein trinken und
die Nacht einräuchern, einander mehr wünschen, als zu denken man in der Lage ist, den günstigen Moment nutzen und sich zeigen
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