27. März 2016

Weinincrevenica
Lieber Linhart!
In Lovran zu einem Urlaubsende kommen.
Noch die Klänge der Osternachtgesänge im Ohr. Die kroatische Langsamkeit beim Psalmodieren liegt mir im Blut. Vertrautes klingt mit, obwohl ich kein Wort verstehe. Der Karfreitag in der Kirche Lovran hingegen ist entrückt. Eine grotesk tröstliche Stimmung entfaltet sich unter der Kuppel der kleinen Kirche. Die uralten, zusammengeflickten Mauern der Kirche trennen die idyllisch touristische Außenwelt vom Innen, das mich wie ein schauriges Theaterstück in seinen Bann zieht. Für einen Moment lang. Ein hölzerner Christus im Grab, eingebettet in ein Meer von Lilien und Grünpflanzen; eine Frau murmelt – wohl ein Gebet – leise vor sich hin, legt ihre Hand auf das tote Holz, streicht zärtlich darüber, ein paarmal,…zwei rotgewandete Ministranten, die wohlgelaunt dem Priester nachrennen, der ein Schaugestell mit den Leidenswerkzeugen aus der Kirche trägt. Das wunderschöne Deckenfresko der Apsis nimmt meinen Blick gefangen, zieht ihn hinauf in ewig gestrige Zeiten. So ist der Ausnahmezustand des Glaubens an das außergewöhnliche Raumgefühl gebunden.

Das Achtel Weißwein beim Wirt gegenüber der Kirche schmeckt hervorragend.

Was kostet ein Kinderwagen?
Sind Kissing Spots eine gute Idee als Belebung der Sinne für ein Kaff wie Niedersulz?
Wohin mit den vielen eigenen Bedürfnissen nach „Sinnerfüllung“?

Wo war die Liebe?

Das Museum der Stadt Rijeka betört durch einen zurückhaltend Höflichen. Er kassiert das Eintrittsgeld. Er beschreibt den Weg durch die Ausstellungen. Nach einer Stunde des Betrachtens und des Schauderns vor allem über jenen Teil, der den vergangenen Bürgerkrieg einzufangen versucht, bin ich müde – nicht zuletzt der fremden Sprachen wegen. Ich trenne mich von meinem Mann und setze mich in der Eingangshalle auf eine Steinstufe. Dem Höflichen gegenüber erwähne ich meine geistige Müdigkeit. Er bringt mir eine schriftliche Übersetzung der Ausstellung. Und lächelt scheu. Er möchte mich munter halten.

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