16. Mai 2017

Liebe Plößnig!

Sie fragen sich zu Recht, was tut er weilwenn er nicht (zurück-)schreibt? Ich habe eine Kabarett- und eine Theaterproduktion aus der Wiege geholt und mit dem zumindest inhaltlichen Erfolg zu leben gelernt. Wissen Sie, das Theater ist sehr anstrengend, besonders wenn es schön ist. Außerdem kann ein Mann nur entweder Theater spielen oder leben.

Okay, Sie waren in Georgien. Auf einem (Weisheits-)Zahn der Zeit, scheint es. Die Männer dort faulenzen herum, während Russland fröhlich vor sich hin okkupiert. Allein schon Kulinarisch wäre ich sehr gerne dabei gewesen. Beim Wort Naturwein werden wohl beide Sachen grob unterschätzt. Europäische Weine sind techniküberladen, aber es ist sehr schwer, sich von etwas zu trennen, das funktioniert!

Gut, fliegen wir. Mit oder ohne ihren Mann?

P.S.: Ich weiß aus vertrauter Quelle, dass Sie nicht gerne fliegen. Da muss mir Tbilisi doch einiges voraushaben!

12. Mai 2017

Hallo Linhart,
noch was:

Beim Blick in das Schaufenster einer Wiener Buchhandlung springen mich neulich diese Buchtitel an:

Lassen Sie mich in Ruhe. (Erni Mangold)
Mein Wildgarten. (Meir Shalev)
Die Alm, ein Ort für die Seele.
Atlas der ungewöhnlichsten Orte.
Jungfer im Grünen und Tausendguldenkraut. Vom Zauber alter Pflanzennamen.
Hunde. In der Kunst.
Tatort Trennung.
Ungeheuer ist der Mensch.
Als Buddha noch ein Elefant war.

Manchmal reicht es einfach, die Überschriften zu lesen – oder bin ich mittlerweile von den Medien schon derart beeinflusst, dass meine geistige Aufnahmekapazität nur mehr für Ein-Wort-Sätze reicht?

Ich warte weiter. Plößnig

Im Mai, nach langen Wochen des Wartens

Linhart,
fangen wir noch einmal von Vorne an?
Was ist passiert, dass Sie schweigen?

Gestern treffe ich einen Künstlerfreund. Auf die Frage, wie seine nächste Zukunft aussieht, antwortet er: „Ab morgen sperre ich mich mindestens für eine Woche lang in mein Haus ein. Ich muss mich zurückziehen. Etwas lesen. Keine Zeitungen, anderes. Und nachdenken.“
Haben auch Sie sich eingesperrt? Wo sind Sie mir verloren gegangen?

Hinter mir liegt eine wunderschöne Reise nach Georgien. Ich erzähle Ihnen nicht, was mich alles bewegt hat, sondern einiges von dem, was offen geblieben ist:
* Eine Reise auf der gefährlichsten Straße Georgiens nach Tuscheti. Das ist allerdings nur bei gutem Wettern in den Monaten Juli, August und September möglich
* Ein Besuch in einer Kvevri-Manufaktur
* Im georgischen Nationalmuseum in Tbilisi originale Bilder von Niko Pirosmani ansehen
* Noch viel mehr Weinproben!
* Noch viel mehr Gesang und Jazz.
* Letzte Spuren Bertha von Suttners im Kaukasus und ihr Wohnhaus in Tbilisi besuchen
* Nur sitzen und schauen.

Wären Sie bereit dazu, mit mir einmal nach Tbilisi zu fliegen?

Ihre Plößnig

5. Februar 2017

Lieber Linhart, Sie Solotänzer!

Kurz war das Vergnügen des wiedererstarkenden Winters. Meine Langlaufskier sind länger. Innerhalb von zwei Tagen schmilzt mir der Schnee unter den Schuhen weg. Eine Pfütze Glück bleibt.

Sie sind also nicht nur in diese Zeit sondern auch in die Fragen dieser – wie Sie sagen – rohen Zeit hineingeboren. Ziemlich neugierig bin ich auf die ein oder andere ausgesprochene. In meine Richtung gerichtete. Ganz allein auf dem Stern zu leben, hat keinen Reiz für mich.
Um meinen Worten sanften Nachdruck zu verleihen, fang ich an:
Bemerken Sie es auch, dass immer mehr Menschen gekündigt werden?
Geht die Welt gerade vor die Hunde?
Gibt es jemals neue Bedürfnisse?
Hatten wir mehr Zeit, bevor es das Fernsehen gab?
Wie heißen Ihre Lieblingsoriginale? (Ich mein damit Menschen!)
Ist der gesunde Menschenverstand ein guter Ratgeber?
Macht Ihnen die Stille des Dorfes auch so Angst wie mir?
Warum kommt uns die Fähigkeit zur Entzivilisierung nicht abhanden?
Sind wir gerade dabei zu verschwinden?
LInhart,
haben Sie dazu bei Ihrer Reise ins Innere etwas entdeckt?
Gruß aus der Stille!

15. Jänner 2017

Plößnig!
Streitet niemand mit ihnen auf ihrem Niveau?


Ich gehe gerne in die Schule und auch wieder hinaus. Ich bin Seelenklempner, habe Bauspengler und Theologe gelernt. Alles schön hintereinander. Jetzt verbindet sich das Handwerk mit dem Überbau. Das machen sie doch auch. Außerdem fehlt es doch hinten und vorne an qualifizierten Handwerkern im Bildungsmilieu!

Plößnig, wir haben ein Problem. Wir werden uns ähnlich und widersprechen uns. So gesehen haben wir ein gesundes Selbstvertrauen.

Sag was!

Sagt sie oft.

Und ich bin sprachlos

wie das Tor zum Glück.

Einer Überforderung ist leicht nachzugeben.

Ich lebe, also will ich!

Ansonsten bin ich hirnschwanger mit einem neuen Soloprogramm. Schwanger sein heißt, die Naturdepression in Leben umzugestalten (lassen). Das ist schmerzhaft, aber wichtig, auch für Männer. Ich habe keine Ahnung was aus meinem “Kind” wird, speziell in diesen rohen Zeiten. Ich merke nur, ich muß ganz bei mir sein. Dabei gibt  es sicher schönere Reisen als ins eigene Innere, aber ich habe das Ticket schon gelöst. Bergfest wird es heißen, das Gschropperl.

Bergfest wird eigentlich in der Filmbranche gefeiert, so eine Art Produktions –halbzeitgleichenfeier. Man fühlt sich über den Berg und begießt das anständig. Genau das habe ich vor mit meinem “zahnlosen” Leben.

Gruß: Linhart

30. Dezember 2016

Linhart!
Sie sind wieder einmal versunken.
Im Alten Jahr?
Wofür brennen Sie zur Zeit? Wohin fließt Ihre Liebe?

Ich reise nach Hause – von daheim weg. Von Weihnachten nach Silvester. Vom sonnigen Gebirgsdorf in die weite Weinland Ebene:

Meine Mutter zeigt mir einmal mehr, dass Lernen eine Art ist, nicht in der Vergangenheit zu versinken. Wo ich das doch so gern zelebriere! Mit Hilfe von Weihrauchschwaden den Geruch und die Unbeschwertheit der eigenen Kindheit heraufbeschwören. Soviel Kitsch erlaub ich mir.

Abseits davon sei zum Zeitlosen erklärt: Die Eröffnungsmusik der Heiligenbluter Sternsinger, der Seckauerjodler, der Mölltaler Sternenhimmel zwischen Zabara und Hore, die Krypta im Stift Gurk.
Und natürlich eine Portion „Plentn mit Butta“.
Ich wünsch Ihnen ein gutes Neues Jahr!

Oft die Ihre,
Plößnig

 

17. Dezember

Vögel können
ein großer Trost sein.
Sie lieben einen
nie und man kann
sie nicht besitzen.

Das ist mein Beitrag zum Welttierschutz – Meine Zuneigung zu Vögeln.
Sie lenken mich ab,
hin in Richtung Himmel und Sehnsucht und Freiheit und Weg-Von-Hier: ein dahinstaksender Silberreiher auf der Suche nach Futter im winterkahlen Feld während eines Spazierganges;
ein freches Rotkehlchen im Baum vor dem Fenster während der Gruppensupervision;
ein laut kreischender Fasan in unserem Garten – des Fliegens nicht so ganz mächtig.

Ich mag keine Katzen. Ich mag keine Hunde. Ich mag auch keine Fische im Aquarium. Das hört sich jetzt schlimmer an, als es ist. Ich esse ab und zu gerne Fleisch und finde unsere Hühner ziemlich schön (solange sie Eier legen!). Ich füttere auch die Katze (aus Mitleid), nachdem unsere Kinder beim Ausziehen vergessen haben, sie mitzunehmen – Aber ich mag sie nicht. Ich dulde sie halt irgendwie. Meistens ärgert mich ihre Anwesenheit sogar.
Bin ich herzlos deswegen? Oder ist diese Gefühlsarmut in Richtung Tiere vielleicht genetisch bedingt? Das würde manches entschuldigen.

Die meisten meiner FreundInnen empfinden da ganz anders.
Ich hoffe, sie lesen diesen Text nie. Vereinsamen möchte ich nämlich auch nicht.

 

20.November2017

Lieber Linhart!

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Mit dem Thema Stricken können Sie bei mir punkten.
(Falls Sie es einmal notwendig haben sollten, bei mir zu punkten…)
Am liebsten strick ich ganz einfache Kleidungsstücke. Einen langen Schal. Eine Decke. Oder sogenannte Marktfrauenhandschuhe . Socken sind schon schwieriger. Vor allem dann, wenn es darum geht, den zweiten genauso zu stricken, wie den ersten. Ich bin in vielem sehr schlampig. So auch beim Stricken, das doch eine gewisse Genauigkeit erfordert. Und dann wieder auch nicht. Weil ja niemals 2 Füße gleich sind.
Fernsehen z.B. geht nicht ohne Stricken. Ich könnte vollkommen aufs Fernsehen verzichten. Manchmal überkommt es mich halt und mit einem Werkstück in der Hand schau ich fern ohne schlechtem Gewissen.

Was mich momentan noch beschäftig: Wovon lohnt es, zu erzählen?
In einem Bericht über die politische Unbewegung „die Identitären“ bekomm ich gesagt, dass dagegen nur ein anderes Narrativ hilft. Eine Geschichte mit Hoffnung, Geborgenheit und Frohsinn. Klingt doch ganz einfach?!

Allerseelen

Zunächst: Erfolg ist positives Denken ohne die geringste Veranlassung.

Allerheiligen wird mir immer fremder. Ein Glaubensmartyrium erscheint mir sinnloser denn je. Allerseelen fängt mich am letzten Zipfel der kritischen Andacht auf. Alles hat eine Seele, auch mein Unmut.

Blick aus dem Hotelzimmer
Blick aus dem Hotelzimmer

Ich war in Mariazell. Gott sei Dank nur kabarettisieren. Als Schauspieler genieße ich den Luxus, mein Ich soweit zu verdrehen, bis es an die Realität wieder anklopft.

Josef Hader hat einmal gesagt, es gehört zur Psychohygiene eines Künstlers, dass man Auftrittsorte möglichst rasch wieder verlassen soll, womit er recht hat. Bei guten Auftritten wird es nicht besser, bei weniger erfolgreichen hält dich sowieso nichts mehr. Also, dieses Prinzip habe ich in Mariazell deutlich gebrochen und einen Tag und eine Nacht angehängt. Natürlich habe ich mich bemüht, möglichst unterirdisch zu leben, aber Mariazell ist nicht groß.

Die Kassadame beim Eingang in die Schatzkammer der Basilika hat mich sofort wiedererkannt. Ihr habe der gestrige Abend sehr gut gefallen, sie habe beobachtet, dass sich die Einheimischen mit meiner Darstellung der ländlichen Wurstfigur identifiziert haben, aber sie hing eher am intellektuellen Hr. Wichtig, da sie aus Holland sei.
In Amsterdam wäre es so was von teuer und grossstadtdings, auch sozial verwahrlost und alles. Jetzt habe sie ihren Mann zusammen gepackt und ein verhältnismäßig günstiges Grundstück in ihrem Urlaubsdomizil Mariazell gekauft. Da hab ich mir gedacht, die Frau ist sozial sehr mutig.

Nun bemerke ich Ihre Affinität zu Wien.

Die Schärfung ihres Verstandes scheint Ihnen abzugehen. Sie brauchen eine zwei Millionen große Herausforderung. Das tut ihnen gut. Ich würde gerne beobachten, wie sich ihre erdigen Schritte an die der Großstadt annähern. Ihr Strickmuster verrät ihre Identität. Bleiben Sie bei sich, dann sind sie auch bei mir.
Ergebenst Ihr Linhart